1. Schultag

Meine Karriere im Schulzimmer

Angefangen hatte es im Kindergarten. Das Kindergartentäschli um den Hals spazierte ich stolz mit meinen drei älteren Schwestern Richtung Schulhaus. Unsere Kindergärtnerin, eine Nonne in Schwesterntracht, begrüsste uns. Wir sangen „Tschü, tschü, tschü, en Isebahn chond…“ und wer ein Taschentuch in der Schürze oder im Hosensack hatte, durfte in die Eisenbahn einsteigen. Das war wohl das erste und letzte Mal, dass ich kein Taschentuch dabeihatte. Ja, man lernte fürs Leben im Kindergarten… 

 

Immer wieder ein unvergessliches Erlebnis war der erste Schultag nach den Sommerferien. Mit neuem Etui, frisch gespitzten Farben und einem jungfräulichen Gummi betrat man voller Erwartungen und Hoffnungen das unbekannte Schulzimmer.

In der ersten Klasse hatte ich das Glück, von einer sehr jungen und netten Lehrerin im Minirock willkommen geheissen zu werden. Fräulein Borer brachte uns vieles bei und ich liebte die Schule, obwohl ich schon lesen und schreiben konnte. Am meisten mochte ich den Turnunterricht, denn die Ballspiele und das Freiheitsgefühl beim Schwingen an den Ringen fand ich wunderbar.

 

Am wichtigsten waren mir während der Schulzeit aber immer meine Freundinnen. Mit meiner besten Freundin Brigitte ging ich durch Dick und Dünn. Wir begaben uns jeden Tag zusammen zur Schule und erlebten viele kleine Abenteuer auf dem Schulweg oder in den Pausen. Nie wieder liess es sich so leicht Freundschaften knüpfen wie in der Schulzeit. 

 

In der Oberstufe durften wir am ersten Schultag ein nigelnagelneues Schulhaus betreten, das noch nach Lack und Holz roch. Leider wechselten meine zwei besten Freundinnen an eine andere Schule – ein herber Verlust. Dafür kam ich erstmals in Kontakt mit den Fremdsprachen im damals hochmodernen Sprachlabor, wodurch sich neue Welten auftaten.

 

Wieder einen spannenden Neuanfang gab es im Lehrerseminar. Viele gute Kolleginnen, ein interessanter Unterrichtsstoff und die Praktika in der Schulstube sagten mir sehr zu. Ich hatte meinen Traumberuf gefunden und freute mich schon auf den ersten Schultag als Lehrperson.

 

So trat ich meine erste Arbeitsstelle an der 1./2. Primarklasse in Kastanienbaum an und erlebte noch viele aufregende erste Schultage – jetzt einfach mit der Wandtafel im Rücken und dem Bewusstsein, wie viel so ein erster Schultag einem Kind bedeuten kann. Einige Jahre später durfte ich dann meinen eigenen Kindern das Znüni für den ersten Schultag mitgeben und das obligate Startfoto knipsen. 

An meiner letzten Arbeitsstelle in Schötz lernte ich schliesslich farbenfrohe Rituale kennen, mit denen die neuen Schülerinnen und Schüler in den Kreis der Schulgemeinschaft aufgenommen wurden.

 

Darum wird wohl auch ein wenig Wehmut aufkommen, wenn am Montag wieder alle Kinder dem Schulzimmer zustreben, um dieses unwiederbringliche Gefühl von Neustart erleben zu dürfen. Ich kann nur eines sagen: Ob als Lehrperson oder als Schülerin und Schüler: Geniesst die Schulzeit, solange ihr könnt! Denn es ist eine sehr bereichernde Zeit und irgendwann ist sie vorbei und kommt nicht wieder.

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