Späte Tanz-Liebe
Seit jeher bewundere ich Paare, die elegant das Tanzbein schwingen und scheinbar mühelos im Gleichschritt über das Parkett schweben können.
Um es gleich vorwegzunehmen, ich gehöre nicht gerade zu den begnadetsten Tänzerinnen, dafür bin ich wohl etwas zu hüftsteif geboren worden. Allerdings habe ich ein gutes Rhythmusgefühl und durfte in der Primarschule häufig die Einerkolonne anführen, wenn die Lehrerin im Turnunterricht mit dem Tambourin den Takt vorgab und wir dazu marschieren oder hüpfen mussten.
In der Sekundarschule meldete ich mich dann spontan für den schulhausinternen Tanzkurs an, nur um in der Aula festzustellen, dass rund drei Viertel Mädchen anwesend waren… So musste ich wohl oder übel meist mit einer Partnerin tanzen und den männlichen, führenden Part übernehmen, was meiner Tanzkarriere auch nicht unbedingt förderlich war.
Später war ich begeisterte Handballerin und verbrachte deshalb die Wochenenden nicht wie die Alterskolleginnen in der Disco sondern vorwiegend in miefenden Turnhallen. Schliesslich machte ich auch noch den fatalen Fehler, mit meinem geliebten Tano einen Fussballer zu heiraten, die bekanntlich auch nicht zu den grössten Tänzern vor dem Herrn gehören. Der Hochzeitstanz blieb folgerichtig der erste und zugleich letzte Tanz in unserem Eheleben.
So lag mein schlummerndes Tanz-Talent brach, bis ich einen Zumba-Gold-Kurs (für Frauen ab 50!) besuchte. Von Beginn weg rissen mich die Latino-Rhythmen mit, die Choreos waren einfach, die Vortänzerin sympathisch, die Mittänzerinnen gut gelaunt und meist genau so wenig begabt wie ich. Der Blick in den wandhohen Spiegel, der jede unserer Bewegungen wiedergibt, wird dabei durch unsere Sehschwäche barmherzig etwas abgemildert. Es macht einfach Spass, Mambo, Cha-cha-cha, Tango oder Salsa zu tanzen und bei jedem Fehltritt oder verknoteten Armen wird herzlich gescherzt und gelacht. Da man während des Tanzens unmöglich an etwas anderes denken kann (man fällt sonst sofort aus dem Takt), ist es für mich eine Art Meditation, bei der man nur im Hier und Jetzt verweilen darf.
Dass am Schluss der „harte Kern“ der Tänzerinnen, die inzwischen zu guten Freundinnen geworden sind, zusammen verschwitzt am Tresen sitzt, etwas trinkt und plaudert, rundet die Zumba-Gold-Stunde harmonisch ab.
Es ist also nie zu spät, einer neuen Leidenschaft zu frönen, nur ein wenig Mut gehört dazu.
Nebenbei sei hier noch erwähnt, dass Tanzen erwiesenermassen eine gute Alzheimer-Prophylaxe ist. Aufmerksamkeit, Flexibilität und Gleichgewicht werden gleichermassen gefördert. Dazu kommt die Freude an der Bewegung und der Musik, die Balsam für die Seele ist.
Also hoch aus dem Lehnstuhl und die Musik laut aufgedreht – Tanzen kann man übrigens auch bestens im Wohnzimmer!
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